Die Veranstaltung „Verdrängte Geschichte: Menschliche Gebeine in deutschen Sammlungen“ widmet sich der Thematik kolonialer Sammlungspraktiken und den Bemühungen um eine Repatriierung menschlicher Überreste an die Herkunftsgesellschaften. Im Mittelpunkt steht die Möglichkeit, mit einem betroffenen Familienangehörigen ins Gespräch zu kommen, sich aktiv mit dem Thema auseinanderzusetzen, Erfahrungen zu teilen und Perspektiven auszutauschen.
Bis heute lagern zehntausende menschliche Gebeine aus ehemaligen Kolonien in deutschen Museen. Bis heute ist unklar, wie sie identifiziert und zurückgeführt werden können. Die Leipziger Mission war in ihrer Geschichte v.a. in Ostafrika in einem kolonialen Umfeld tätig. Seit 2020 arbeiten wir intensiv daran, die Zusammenhänge von Mission und Kolonialismus aufzuarbeiten. Es ist bekannt, dass mit Hans Fuchs ein Missionar der Leipziger Mission im Auftrag des Königlichen Völkerkundemuseums zu Berlin am Handel mit menschlichen Gebeinen beteiligt war. Wir möchten uns dieser Verantwortung stellen – auch im öffentlichen Dialog.
Um das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen, haben wir Felix Kaaya, Protagonist im Film „Das leere Grab“, und dessen Regisseurin Cece Mlay vom 27. August bis 15. September nach Deutschland eingeladen. Der Film wird am 29. August, 19 Uhr, im LURU-Kino in der Spinnerei gezeigt und kurz besprochen.
Am 1. September wollen wir uns Zeit nehmen für eine ausführlichere Beschäftigung mit dem Thema “Menschliche Gebeine in deutschen Sammlungen”. Mit Dr. Valence Silayo haben wir einen weiteren Gesprächspartner eingeladen. Der Archäologo und Dozent aus Daressalam forscht aktuell in einem Projekt der Gerda-Henkel-Stiftung im Lindenmuseum in Stuttgart.
Die Ethnologin und Provenienzforscherin Isabelle Reimann wird die Veranstaltung moderieren.
Die Veranstaltung wird in Kooperation zwischen der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft (DAFRIG) und dem Leipziger Missionswerk organisiert und findet im Rahmen der Interkulturellen Wochen statt. Der Eintritt ist frei. Spenden sind herzlich willkommen.
Mitwirkende
Felix Kaaya reist aus Arusha (Tansania) an und ist auf der Suche nach den Gebeinen seines Vorfahren Mangi Lobulu Matinda Kaaya. Im Jahr 1900 weigerte dieser sich, der deutschen Kolonialverwaltung sein Land zu überlassen, und wurde deshalb mit 18 anderen Männern hingerichtet. Er spricht u.a. über die retraumatisierenden und schmerzvollen Momente der Trauer, die die Familien Mbano und Kaaya und deren Communities durchleben, solange ihre Vorfahren nicht bei ihnen sind.
Cece Mlay arbeitet als Filmemacherin, Creative Supervisor und Regisseurin bei Kijiweni Productions in Dar es Salaam (Tansania) und hat den Film “Das leere Grab” als Co-Regisseurin mit produziert. Sie hat Erfahrung in der Produktion und Präsentation von Filmen und betreut junge Filmemacher*innen. Sie verfolgt interdisziplinäre Ansätze und setzt sich mit sozialen, politischen und historischen Themen auseinander.
Dr. Valence Silayo ist Dozent für Geschichte, Archäologie und Denkmalpflege an der Universität von Dar es Salaam, Tansania. Seit Ende 2023 forscht er als Gerda Henkel Fellow am Linden-Museum Stuttgart. Seine Forschungsinteressen umfassen unter anderem Fragen der Restitution und Wiedergutmachung sowie den Umgang mit kommunalem Erbe.
Isabell Reimann promoviert an der HU Berlin zum Umgang und der „Rehumanisierung“ von menschlichen Gebeinen aus kolonialen Kontexten in deutschen Sammlungs- und Forschungseinrichtungen. Als selbstständige Provenienzforscherin arbeitete sie für die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu ancestral remains aus dem heutigen Tansania. Im Februar 2022 wurde ihr wissenschaftliches Gutachten zum Bestand von Gebeinen aus kolonialen Kontexten in Berlin für Decolonize Berlin e.V. in der Publikation „We Want them back“ (2021) veröffentlicht.
Die Veranstaltung findet in Englisch statt. Es wird bei Bedarf gedolmetscht.
Kooperationspartner
- Deutsch-Afrikanische Gesellschaft e.V.
- Leipziger Missionswerk
Mit finanzieller Unterstützung durch Brot für die Welt.