Ein kurzer Aufschwung wurde 1953 erlebt. Auf Anregung des Lutherischen Weltbundes bat die Neuendettelsauer die Leipziger darum, in Neuguinea als zweite deutsche Mission mitzuarbeiten. Die Anzahl der Studierenden am Seminar war weitaus größer gewesen, als Entsendungen möglich waren. Nun konnten ab 1955 sieben von ihnen, dazu der erfahrene Afrikamissionar und Gutmann-Schüler Ernst Jäschke, und elf andere, darunter drei Frauen, in eine „Pioniermission“ aufbrechen. Die meisten arbeiteten unter bisher unerreichten Stämmen im Hochland, erschlossen ihre Sprachen und bauten neue Stationen auf. Einige wurden theologische Lehrer. Verbindende Kirchensprache in der 1956 vereinigten Kirche, seit 1975 „Evangelical Lutheran Church of Papua New Guinea“ (ELCPNG), wurde das Pidgin. Zur Aufgabe der Missionare gehörte, althergebrachten Geisterglauben und moderne magische Praktiken im „Cargo-Kult“ zu überwinden. Allerdings ging das Leipziger Kontingent nach 1961 kontinuierlich zurück.
Aus der DDR konnte nach dem Bau der Berliner Mauer niemand mehr ausgesandt werden. Rekrutiert wurde von den Zweigstellen in Erlangen und Hildesheim.
Diese Entwicklungen galten auch für das vierte Einsatzgebiet, das sich erschloss: Brasilien. Auch dahin konnten von 1955 an noch Absolventen des Seminars geschickt werden, und zwar auch nach einer Anfrage der Neuendettelsauer Mission. Das Kirchliche Außenamt der EKiD vermittelte sie an die vier evangelischen Synoden deutscher Auswanderer und betreute sie, nicht die Leipziger Mission. Ihr Dienst in schon bestehenden Gemeinden mochte an den Anfang in Indien erinnern. Ihre Hauptaufgaben waren geistliche Stärkung, Schulung der Mitarbeitenden und Förderung des kirchlichen Schulwesens. Dazu kam missionarische Bemühung, auch unter Ureinwohnern. Die Integration der selbstbewussten Gemeinden in die Kultur des Landes und in die seit 1945 bestehende Evangelische Kirche Lutherischen Bekenntnisses in Brasilien (EKLBB) wurde vorangetrieben. Ein besonderer Beitrag der Leipziger zeichnete sich ab im Aufbau von kirchlicher Journalistik und Literatur in Portugiesisch und Erwachsenenbildung, auch mit Evangelischer Akademie und Kreiskirchentagen. Die Zahl der aus Leipzig nach Lateinamerika Gesandten stieg freilich nie über ein halbes Dutzend; dann kam der Bau der Berliner Mauer.
Pfarrer Dr. Hugald Grafe
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