Im Anschluss an die feierliche Zeremonie im GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig zur Repatriierung menschlicher Überreste an  die Herkunftsgemeinschaften der Māori (Neuseeland) und Moriori (Chatham Inseln) am 23. Mai 2023 besuchte Staatsministerin Katja Keul das Leipziger Missionswerk. Sie ist im Auswärtigen Amt insbesondere für Internationale Kulturpolitik und die Beziehung zu den Länder Afrikas zuständig.

Eine ihrer ersten Dienstreisen als Staatsministerin führte sie im April 2022 nach Tansania. Ein explizites Ziel der Reise war, die Aufarbeitung der Kolonialgeschichte weiter voran zu bringen. Bei ihren Gesprächen in Daressalam stieß sie auf Bezüge zur Leipziger Mission, die 1893 ihre erste Missionsstation in Machame am Kilimanjaro gründete. Anknüpfend an ein aktuelles Kooperationsprojekt des Nationalmuseums in Daressalam, der Stiftung Humboldt-Forum, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz für eine gemeinsame Ausstellung unterstützt das Auswärtige Amt Bemühungen, Werke des Leipzger Missionars Bruno Gutmann (1876-1966) für Tansanierinnnen und Tansanier zugänglich zu machen.

Gutmann beschrieb in gut 500 Publikationen die Bräuche, Traditionen und Rechtslehren der Chagga am Kilimanjaro. Nun wird in Tansania der Wunsch immer deutlicher ausgesprochen, die Texte in Kiswahili lesen zu können. Vor allem Engagierte der Städtepartnerschaft Tübingen-Moshi treiben mit Unterstützung des LMW die Digitalisierung und Übersetzung voran.

Staatsministerin Keul interessierte sich auch für das Historische Bildarchiv und die ethnologische Sammlung, deren gut 3.000 Objekte überwiegend als Lehrmaterial oder Geschenke nach Leipzig kamen. Provenienzforscherin Isabelle Reimann erläuterte ihre Erkenntnisse, die sie im vergangenen Herbst im Rahmen des Ausstellungsprojektes Marejesho sammeln konnte. Im Vorfeld hatte sie mit Unterstützung von Angelica Hoffmeister-zur Nedden die Sammlungsobjekte des LMW aus Ostafrika fotografiert und in Tansania um eine Einschätzung gebeten.

Bei ihrem Tansania-Besuch kam Staatsministerin Keul auch mit Nachfahren Mangi Melis zusammen, der 1900 von deutschen Kolonialisten hingerichtet wurde. Inzwischen haben sich Angehörige weiterer getöteter lokaler Oberhäupter mit ihr in Verbindung gesetzt. Das Auswärtige Amt unterstützt die Suche nach den Schädeln ihrer Vorfahren, die bislang jedoch noch nicht erfolgreich war. In vielen Museen und medizinischen Einrichtungen lagern noch immer Tausende sterbliche Überreste aus der Kolonialzeit mit teilweise unbekannter Herkunft. Das LMW konnte versichern, dass sich keine Schädel in seinem Besitz befinden.

Foto: Vera Beutin