Thementag “50 Jahre Unabhängigkeit Papua-Neuguinea” – ein Grund zum Feiern

Als Asien-Pazifik-Referentin des LMW nahm ich – Annette Kalettka - am 7. Juni online am Thementag “50 Jahre Unabhängigkeit Papua-Neuguinea” teil. Mission EineWelt in Neuendettelsau lud zum Feiern, Erinnern und Reflektieren ein. Zeitzeug*innen berichteten von ihren Beobachtungen und Erfahrungen rund um den Tag der öffentlichen Erklärung der Unabhängigkeit Papua-Neuguineas am 16. September 1975. Dem östlichen Teil der Pazifischen Insel wurde eine Unabhängigkeit gewährt. Der westliche Teil ist weiterhin unter der politischen und wirtschaftlichen Macht Indonesiens. - Doch was bedeutet diese Unabhängigkeit und Freiheit im Vergleich zu der Zeit vor den kolonialen Besetzungen durch Deutschland, Großbritannien und zuletzt durch Australien? Die Anwesenden zählten auf: Eine neue Währung wurde eingeführt, eine eigene Flagge, demokratische Wahlen und ein neues Parlament – staatliche Formen nach westeuropäischem Muster. Die Feierlichkeiten mit Prominenz aus Europa (wie Prinz Charles) wurden von außen gesteuert. Doch für die Bevölkerung stand im Vordergrund „Now I am free!“ „Jetzt bin ich/ sind wir frei!“ Selbständig knüpfen wir diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen. Jetzt sind wir dran! Es lag der Anbruch einer neuen Zeit in der Luft. Das Wort Independence klang den meisten Menschen fremd. In den Sprachen Papua- Neuguineas gibt es kein Äquivalent. Nicht zuletzt hatten die Kirchen mit ihrer befreienden biblischen Botschaft einen großen Anteil daran, den Wunsch nach Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden zu wecken, so Bischof Jack Urame. Viele Missionarsfamilien entschieden sich 1975, im Land zu bleiben. Sie waren bereit, unter den neuen politischen Bedingungen zu wirken. Besonders in den Gemeinden auf dem Lande wuchs ihnen die Rolle und Aufgabe zu aufzuklären, zu begleiten und die gesellschaftlichen Transformationsprozesse mitzugestalten mit ihrem Wissen, Können und Verhalten.

Bischof Jack Urame betonte in seinem Vortrag, dass in den 50 Jahren der Selbständigkeit seines Landes die Rolle und Bedeutung der Kirchen Papua-Neuguineas gewachsen ist. Kirchen sind in PNG nicht wegzudenken. Sie beeinflussen das geistlich-spirituelle, soziale und auch wirtschaftliche Leben. Sie sind wesentliche Akteure in der Bildungs- und Friedensarbeit sowie im Umweltschutz. Deshalb hat PNG sich in diesem Jahr zu einem christlichen Religionsverständnis bekannt. In der Verfassung ist weiterhin eine Religions- und Meinungsfreiheit festgehalten. Neu ist auch ein Ministerium für Religion und kirchliche Entwicklung. Hier wollen Staat und Kirchen partnerschaftlich zusammenarbeiten. Der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Papua-Neuguineas betonte die prophetische Rolle der Kirchen. Sie müssen weiterhin der Anwalt der Benachteiligten sein, Unrecht benennen und als ethischer Kompass in der Gesellschaft wirken. Die Kirchen dürfen sich nicht auf den religiösen Raum allein beziehen. Nach christlichem Verständnis müssen sie Salz und Licht der Erde sein. 

Eckhard Garbe vom Pazifiknetzwerk in Hamburg betrachtete die vergangenen 50 Jahre zwischen Euphorie und Wirklichkeit. Nach der hoffnungsvollen Aufbruchszeit kam viel Ernüchterung. Korruption, Vetternwirtschaft, die Diskrepanz zwischen Stadt und Land uvm. sorgen dafür, dass die Potenziale des Landes nicht gut genutzt werden und Armut, Gewalt und Zerstörung der Natur zunehmen. Doch er sieht unter der jungen Generation viele fähige und weitsichtige Menschen. Diese gilt es zu unterstützen und zu fördern.

Es ist geplant, dass ich im September das erste Mal nach Papua-Neuguinea reisen werde. Die Feierlichkeiten rund um den 16. September werden dann noch nachklingen. Wir vom LMW reihen uns ein in die Gratulationen und wünschen dem Land und den Leuten Gottes Segen für die Zukunft. 

Annette Kalettka