(Flinn Works, LMW) Der Diskurs über die Rückführung menschlicher Überreste und Artefakte, die gewaltsam aus Kolonien nach Europa gebracht wurden, findet häufig ohne die Beteiligung der Herkunftsgesellschaften statt. Oft wissen diese nicht einmal, dass sich in europäischen Sammlungen Gebeine und Objekte ihrer Vorfahren befinden. Zwar wird in den Communities die Erinnerung an koloniale Gewalt bewahrt, doch der Zugang zu Informationen in Europa bleibt ihnen meist verwehrt. Nur in wenigen Fällen können sie ihre Vorfahren und Objekte sehen oder gar wieder zu Hause willkommen heißen. Folgende Fragen sind dabei zentral: Wohin sollen die Vorfahren zurückkehren? Wie sollte man sich an sie erinnern? Wem gehören die Objekte? Wäre ein Community Museum ein angemessener Ort?

Das Kunstprojekt "MAREJESHO asili mila utamaduni wetu" von Flinn Works, Berlin Postkolonial und Old Moshi Cultural Tourism will dies für die Kilimandscharo-Region in Tansania ändern. Das Herzstück des Projekts ist eine mobile Pop-Up-Ausstellung, die in der Region von Dorf zu Dorf reist. Ziel ist, auf sensible Weise über die Überreste der Vorfahren sowie die kulturellen, spirituellen und alltäglichen Objekte zu informieren, die am Kilimanjaro während der Kolonialzeit entwendet wurden. Die Ausstellung zeigt historische Fotografien, Zeichnungen, Tonaufnahmen und Archivalien, die bisher nicht zugänglich gemacht wurden, und stellt eine Datenbank zur Verfügung.

Für die Recherchen besuchten Mnyaka Sururu Mboro, Konradin Kunze und Isabelle Reinmann auch das Historische Bildarchiv und die Ethnographische Sammlung des Leipziger Missionswerkes. Alle Objekte aus Ostafrika wurden im Nachgang fotografiert und Digitalisate historischer Fotografien zur Verfügung gestellt.

Tansanische bildende Künstlerinnen begleiten die Ausstellung mit ihrer zeitgenössischen Sicht auf die lokale Geschichte und präsentieren ihre aus der Recherche hervorgehenden Kunstwerke. Darüber hinaus werden Geschichten und Lieder zur kolonialen Vergangenheit von Mitgliedern des Filmkollektivs Bafico filmisch archiviert und ebenfalls in der Ausstellung gezeigt. Der inhaltliche Fokus der Ausstellung wird jeweils lokal angepasst, d.h. Kunstwerke, Fotografien und Objektfotos variieren von Dorf zu Dorf entsprechend ihrer Herkunft.
Filmvorführungen und Talks sind ebenso Teil des Programms wie lokale Tanz- und Musikaufführungen und eine kleine Bibliothek.

Die Ausstellungskonstruktion wurde von tansanischen Architekten entworfen. Sie ist offen, leicht und flexibel gestaltet, um den temporären Charakter zu betonen im Kontrast zu kolonialen Depot- und Museumsbauten in Europa. Auf diese Weise soll die mobile Ausstellung ein einladendes Zentrum des Austausches sein und eine offene Diskussion zu einem schmerzhaften Themenkomplex innerhalb der Herkunftsgesellschaften anregen. Nach der Ausstellungsphase am Kilimandscharo wird "MAREJESHO" in den Räumen des Tieranatomischen Theaters (TAT) der Humboldt-Uni zu Berlin gezeigt. Diese Präsentation wird die Ergebnisse des Projekts reflektieren und die Sichtweisen, Forderungen und Stimmen der Kilimandscharo-Communities in den Mittelpunkt stellen.

Concept, research, curation: Konradin Kunze, Sarita Lydia Mamseri, Mnyaka Sururu Mboro, Gabriel Mzei Orio

Visual Arts: Amani Abeid, Cloud Chatanda, Masana

Oral history documentation: Malik Saidi Msambaa, Crispina Chrispin Nazael

Architects: Comfort Mosha, Doreen-maria Mwanauta (APC Architectural Pioneering Consultants Ltd)

Assistance: Alice Harrison

Management: Marit Buchmeier, Lisanne Grotz (xplusdrei Produktionsbüro), Gabriel Mzei Orio

Funded by TURN2 fund of the Kulturstiftung des Bundes. Funded by Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. Further funding by between bridges.

Ausstellungsorte in Tansania

August 11-14 Keni, Rombo, Kilimanjaro
August 18-21 Marangu, Kilimanjaro
August 25-28 Old Moshi, Kilimanjaro
September 01-04 Kibosho, Kilimanjaro
September 08-11 Machame, Kilimanjaro
September 15-18 Poli, Meru

Ausstellung in Deutschland

10.04.2023 - 11.06.2023 Tieranatomisches Theater, Humboldt-Universität zu Berlin