Am 27. März 2025 wurde das Positionspapier „Sieben Erwartungen“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Es wendet sich an katholische wie evangelische Kirchenmitglieder in Sachsen und ist ein Ergebnis des ökumenischen Arbeitskreises „Postkoloniale Perspektiven in der kirchlichen Bildungsarbeit“, in der engagierte Menschen aus der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens sowie dem Bistum Dresden-Meißen seit gut zwei Jahren zusammenarbeiten.
Die Mitwirkenden eint das Bestreben, gemeinsam Perspektiven für eine gerechte Welt zu finden und dabei insbesondere die im Kolonialismus wurzelnde Unterdrückungsgeschichte des globalen Südens in den Blick zu nehmen. Sie wünschen sich, dass sich Christinnen und Christen kritisch mit ihrer eigenen Haltung gegenüber Menschen auseinandersetzen, die nicht ihrer eigenen sozialen, religiösen, geografischen oder ethnischen Herkunft entsprechen.
„Wir möchten mit dem Papier den aktuellen Diskussions- und Dialogprozess über notwendige Veränderungen in den Kirchen und unseren Gemeinden, aber auch im persönlichen Handeln eines jeden Christen und Christin hin zu einer zukunftsgerechten Kirche unterstützen.“, so Dr. Mathias Piwko, Leiter Dialogforum Demokratie im IBZ St. Marienthal und Mit-Initiator des Arbeitskreises. „Wir müssen uns der Verantwortung der Kirchen in der Vergangenheit stellen. Nur so ist die Vergebung möglich, die uns allen eine bessere Zukunft schenkt.“
Antje Lanzendorf vom Leipziger Missionswerk ergänzt: „Wir wünschen uns, dass in Gremien und Gemeinden über das Papier gesprochen wird. Wenn die in den sieben Erwartungen formulierten Themen zu Gesprächen führen, haben wir unser Ziel erreicht. Dabei soll es vor allem um gemeinsame Wege hin zu einer Kirche gehen, in der sich alle Menschen zu Hause fühlen, weil sie nicht nur von Gott, sondern auch in der Gemeinde willkommen sind.“
Über dem Text steht die Jahreslosung „Prüfet alles und das Gute behaltet“ (Thessalonicher 5,21). So ist das Papier als Vorlage für eine kritische Bestandsaufnahme zu sehen: Wo sind die Erwartungen bereits erfüllt? Wo braucht es weitere Schritte? Was fehlt? Was geht zu weit?
Das Positionspapier wurde auf der Veranstaltung „Mission (von) gestern. Zur Kritik der christlichen Mission im Kolonialismus“ in der Reihe „Mission. Macht. Message.“ am 27. März in Chemnitz vorgestellt (Projekt [open] perspectives in Kooperation mit dem Internationalen Begegnungszentrum St. Marienthal und den Sächsischen Entwicklungspolitischen Bildungstagen).
Eine weitere Veranstaltung ist im Spätsommer geplant, bei der auch Bildungsmaterial des Arbeitskreises zum Thema „Mission und Kolonialismus“ präsentiert werden wird.
Für Fragen stehen Antje Lanzendorf und Dr. Mathias Piwko zur Verfügung.
„Prüfet alles und das Gute behaltet“ (1. Brief an die Thessalonicher 5,21)
1. Wir erwarten eine Kirche,
in der sich Menschen als Menschen nach dem Vorbild Jesu Christ begegnen und gemeinsam unterwegs sind.
2. Wir erwarten eine Kirche,
die sich zu den eigenen Verwicklungen der Vergangenheit, insbesondere in der Zeit des deutschen Kolonialismus, bekennt, diese aufarbeitet und sich dazu aktiv in der Gesellschaft äußert.
3. Wir erwarten eine Kirche,
die sensibel ist für historisch gewachsene Macht- und Ausbeutungsverhältnisse – auch in den eigenen Strukturen – und bereit ist, diese zu verändern.
4. Wir erwarten eine Kirche,
in der sich christliche Menschen von der Kraft vielfältiger Spiritualität, unabhängig von Herkunft und Tradition, inspirieren lassen.
5. Wir erwarten eine Kirche,
die ihre Perspektiven wechselt und Kompetenzen und Arbeitsweisen aus dem Globalen Süden als Mehrwert für Leben und Glauben begreift.
6. Wir erwarten eine Kirche,
die einen offenen und sensiblen Dialog mit Angehörigen anderer Religionen sucht.
7. Wir erwarten eine Kirche,
in der ein breiter und lebendiger Austausch über eine zeitgemäße Auslegung des Missionsbegriffes stattfindet.
Diese Erwartungen setzen voraus, dass jeder und jede Einzelne diese Schritte im gemeindlichen und privaten Leben reflektiert und zur Umsetzung beiträgt.
Seit 2022 arbeiten Christinnen und Christen in Sachsen in dem ökumenischen Arbeitskreis Postkoloniale Perspektiven in der kirchlichen Bildungsarbeit zusammen. Die „Sieben Erwartungen“ geben einen Arbeitsstand wieder, der aus den Erfahrungen und Visionen der bisher Beteiligten hervorgeht. Uns ist bewusst, dass dieser Prozess unvollständig bleibt, solange wir als Gruppe nicht die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln. Wir bemühen uns, die Stimmen von People of Color sowie anderen benachteiligten Minderheiten einzubeziehen. Gleichzeitig laden wir alle Christinnen und Christen ein, den weiteren Prozess mitzugestalten und Verantwortung für die Transformation in ihren Gemeinden und ihrem persönlichen Leben zu übernehmen.
An der Entstehung des Textes waren beteiligt:
Bernadette Albrecht (Bildungsreferentin misereor), Dr. Panja Lange (Referentin Evangelische Erwachsenenbildung EVLKS), Antje Lanzendorf (Öffentlichkeitsreferentin Leipziger Missionswerk), Miriam Meir (Beauftragte für den Kirchlichen Entwicklungsdienst EVLKS), Dr. Mathias Piwko (Leiter Dialogforum Demokratie, Stiftung IBZ St. Marienthal), Helena Radisch (Ökumenereferentin EVLKS), Michael Seimer (Referent Männerarbeit EVLKS), Dorothea Trappe (Projektmitarbeiterin [Open] Perspectives, Katholische Akademie)
Die Mitglieder des Arbeitskreises freuen sich über Rückmeldungen, Anregungen, Hinweise und sonstige Kommentare zum vorliegenden Text. Gern kommen wir mit Gemeinden und Gremien zu den “Sieben Erwartungen” ins Gespräch. Schriftliche Stellungnahmen sind willkommen und werden veröffentlicht. Als Kontaktpersonen zum Arbeitskreis stehen Ihnen Antje Lanzendorf und Dr. Mathias Piwko zur Verfügung.
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